Dienstag 23. April 2024
Predigten

Von Christusphobie zur geistgewirkten Gotteserfahrung!

(aus der Predigt von Abt Columban zum Pfingstfest, 23. Mai 2010)

Liebe Brüder und Schwestern!

 

Europa auf Distanz und Flirt

In den letzten Jahren ist auf unserem europäischen Kontinent ein Theologe und spirituell denkender Mann aufgetreten, der in seinen vielfältigen Vorträgen und Büchern für viele ein Magnet geworden ist: Henri Boulad. Er ist arabischer Christ, in Alexandria in Ägypten geboren, in Beirut, Paris und Chicago ausgebildet, Jesuit – und seit Jahren im caritativen Bereich in Nordafrika und im Nahen Osten engagiert.

In seinen Vorträgen und Büchern stellt er sich mit scharfem, aber zugleich liebendem Blick den Fragen unserer Zeit v.a. im Hinblick auf das Christentum Europas, das sich einer Kultur gegenübersieht, die sich ständig verändert.

Henri Boulad fragt nach den Gründen für die Distanzierung der Europäer von einer Kirche, die in einem überalteten Sprachgewand daherkommt. Er fragt nach den Gründen für den Flirt der Europäer mit der asiatischen Mystik oder nach den Gründen für den neuen Atheismus, die Islamisierung Europas u.a.m.

 

Christophobie!

In einem seiner letzten Vorträge spricht Henri Boulad von einer "Christophobie", die er in Europa ortet, einer "Christus-angst". Phobie ist aus meiner Sicht mehr als Angst – das ist geradezu eine manifeste Abwehrhaltung.

Hinter dieser "Christophobie" steht – auf den Punkt gebracht – die große Frage, die für uns Christen allerdings keine Frage sein dürfte: Ist Gott personal zu verstehen oder nicht? Wenn Gott ein personales Wesen ist, dann muß er auch personal erfahrbar sein. Und er macht sich tatsächlich "erfahrbar", indem er uns in Jesus Christus sein Gesicht zeigt: "Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht." (Joh 1, 18) Paulus formuliert es so: "Er (= Christus) ist das Ebenbild (griech: eikon = Ikone) des unsichtbaren Gottes." (Kol 1, 15) Er setzt den unsichtbaren Gott gegenwärtig. - Wer zu diesen beiden Worten aus dem Johannesevangelium und dem Kolosserbrief inhaltlich stehen kann, bewegt sich bereits auf der Ebene des Glaubens. Wir glauben ja nicht irgendein Dogma, wir glauben ja nicht irgendwelche Glaubenssätze, sondern wir glauben ein lebendiges DU, das Person ist – in personaler dynamischer Liebeseinheit lebt, wo Liebesaustausch zum permanenten Lebensprinzip wird.

 

a-personaler Gott?

So ganz anders aber klingt das Gerede – meistens nicht hinterfragt oder einfach nachgeplappert, weil vorgeplappert -, das man da oder dort hört: "Irgendetwas Göttliches wird es schon geben!"

Wenn Gott nicht Person ist, wenn er nicht mehr personal verstanden wird, dann wird die Rede von Gott zum Gerede über irgendetwas Göttliches oder über den göttlichen Kosmos oder das göttliche Universum, von dem wir aber überzeugt sein können, daß dieses göttliche "Etwas" niemanden rettet und schon gar nicht irgendjemand lieben kann. Dann verschwindet aber auch die Verantwortung, denn einem göttlichen "Etwas" gegenüber ist niemand verantwortlich, einem göttlich liebenden DU gegenüber hingegen schon.

 

geistgewirkte Gotteserfahrung

An dieser Stelle ist es angebracht, vom Heiligen Geist zu reden. Von ihm hat es in der Lesung geheißen: "Keiner kann sagen: Jesus ist der Herr!, wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet." (1 Kor 12, 3)

Wenn wir an einen personalen Gott glauben, an einen Gott, von dem wir überzeugt sind, daß er uns grenzenlos liebt und aus dieser Liebe heraus den Weg der Menschwerdung beschreitet, den Weg der Erlösung in Tod und Auferstehung Jesu, dann ist dieser Glaube nicht Resultat eines erdachten Konstrukts – sondern geistgewirkt!

Die Grundaussage des Geistes über Gott ist eine weitreichende: Sie bringt zum Ausdruck, daß Gott ein für uns undurchdringbares Geheimnis ist, daß Gott in Liebe ganz eins ist, ganz einer ist und daß er als Liebe doch zugleich Gegenüber, Austausch und Gemeinschaft ist, personale Beziehung lebt.

Das besagt aber auch, daß es eine personale Gotteserfahrung nur gibt und geben kann durch das Wirken des Heiligen Geistes, der immer wieder und in immer neuen Anläufen zu einer persönlichen Liebesbeziehung mit Gott motiviert und motivieren will.

 

investierte Liebe

Pfingsten hält in uns die Erinnerung und den Glauben daran wach, daß Gott ein lebendiges DU ist, ein liebendes DU – daß Gott sich in einer für uns unfaßbaren Weise in unser Leben hinein-investiert hat und investiert, weil für ihn auch heute noch gilt: "So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat." (Joh 3, 16)

 

Danken wir dem Heiligen Geist, daß er uns in dieser Wahrheit hält! Amen.

 

1. Lesung: Apg 2,1-11 - 2. Lesung: 1 Kor 12,3b-7.12-13 - Evangelium: Joh 20,19-23
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